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Historia interculturalis |
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« Fenêtre » Takashi Naraha Clermont-Ferrand |
Jüdische Geschichte/Europäische Geschichte |
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Hinweis: >>AG Deutsch-jüdische Geschichte im Verband der Geschichtslehrer Deutschlands |
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1. „Privilegien“ oder „green
card“ des Medium Aevum: Der Weg jüdischer Händler an den Rhein im frühen
Mittelalter Eckpunkte für eine wissenschaftliche Betrachtung
in didaktischer Absicht Mit
einem Exkurs über das Problem der „Radaniten“ |
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2.
Ecclesia und Synagoga Die Kirche und ihr Verhältnis zu den Juden im Mittelalter |
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3. Die
Stellung der Juden im „Sachsenspiegel“ (ca. 1220-1235) Auszug aus der Quelle mit Kommentar zur Situation im 12. und
13. Jh. |
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4.
Deutsch-jüdische Geschichte im Mittelalter / Der Mythos vom jüdischen
Geldverleih Beitrag auf dem Historikertag
2006 in Konstanz im Rahmen der Didaktik-Sektion Deutsch-jüdische Geschichte im Unterricht Sondergeschichte – Beziehungsgeschichte – gemeinsame
Geschichte? Mit einer Bibliographie |
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©2005/2011/2014 W. Geiger |
1. „Privilegien“ oder „green
card“ des Medium Aevum: Der Weg jüdischer Händler an den Rhein im frühen Mittelalter Eckpunkte für eine
wissenschaftliche Betrachtung in didaktischer Absicht von Wolfgang Geiger |
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[1] Siehe dazu meine Untersuchung zum >>Schulbuch
sowie hier nachfolgend den Vortrag auf dem >>Historikertag. |
Wie kamen Juden nach Köln, Mainz, Worms, Speyer... im frühen Mittelalter? Dies fragen sich Schüler (und Lehrer), wenn sie im Geschichtsunterricht die Pogrome des 1. Kreuzzuges 1096 behandeln. Die Antworten, die die Lehrbücher geben, sind meist dürftig und in ihrer Dürftigkeit häufig auch verzerrend. Wird pauschal nach dem Vorwissen der Schüler gefragt, dann sind spontane Antworten im Sinne von „weil sie reich waren“ nicht selten. Doch auch nach dem Versuch einer differenzierten Behandlung der Frage im Unterricht bleibt das Ideologem „Geldjuden“ in den Köpfen: Wurden sie nicht deswegen gehasst und verfolgt? Waren sie nicht alle Geldverleiher, während es den Christen verboten war...? usw. Mit dieser Erklärung für den Antijudaismus des Mittelalters wird das Vorurteil ungewollt bestätigt, mehr oder weniger leider auch in den Lehrbüchern [1]. |
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Hier soll nun ansatzweise nachvollzogen
werden, was unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten – aber durchaus mit
didaktischer Absicht im Hinblick auf die Umsetzung in Unterricht und
Lehrbüchern – dazu gesagt werden kann (und muss!). |
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[2] Cf. Sven Schütte, „Die Juden in
Köln von der Antike bis zum Hoch-mittelalter“, in: Wamers
/ Backhaus (Hg.), Syna-gogen, Mikwen, Sied-lungen....
(s.u.), 73-116. [3]
Cf. Matthias Schmandt, „Köln: Jüdisches
Zentrum am Niederrhein“, in: Cluse (Hg.), Europas
Juden im Mittelalter (s.u.), 453. |
1.
Jüdische Kontinuität in Köln? Die ältesten jüdischen Gemeinden auf
„deutschem Boden“, wie es auch heute noch sogar in wissenschaftlichen Werken
unbedacht formuliert wird, gab es wohl im römischen Köln, ebenso in Mainz und
Trier. Zu einer Zeit, als noch nicht einmal das Wort „deutsch“ entstanden war
und auch noch keine Germanen in jenen Gebieten herrschten. Aus zwei Edikten
Kaiser Konstantins von 321 und 331 geht die Existenz einer wohl ansehnlichen
jüdischen Gemeinde in Köln hervor. Lange Zeit ging man von deren Auflösung im
Zuge der fränkischen Eroberung und der Verwüstung der Stadt aus, neuere
archäologische Unter-suchungen scheinen jedoch die
Kontinuität der Synagoge von der Spätantike in die karolingische Zeit zu
belegen, Kontinuität nicht nur in baulicher Hinsicht, sondern auch im
Hinblick auf ihre Nutzung: Die Ausgrabungen ergaben z.B. keine für sonstige
Fälle nachweisbare Spuren der Aufgabe des Gebäudes [2]. Gleichwohl ist diese
Interpretation umstritten [3]. |
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[4]
Michael Toch, Die
Juden im mittelalterlichen Reich, Enzyklopädie deutscher Geschichte Bd.
44, München (Oldenbourg) 2003, 5. [5] Cf.
Werner Transier, „Die SchUM-Gemeinden.
Wiegen und Zentren des Judentums am Rhein im Mittelalter“, in: Europas Juden im Mittelalter,
Ausstellungskatalog Speyer (s.u.), 51f. |
2.
Die drei SchUM-Städte Die jüdischen Gemeinden der drei Städte, die
im Hebräischen von den drei Anfangs-buchstaben her unter
dem Begriff SchUM zur Dreiheit zusammengefasst
wurden – Speyer (Schpira für Spira), Worms (Vav für Warmaisa / V und W
galten dem U gleich) und Mainz (Mem für Magenza) –, sind wohl durch eine neue Zuwanderung (– ein
neudeutsches Wort, das hier passt –) entstanden, Kontinuitäten seit der
Antike sind hier jedenfalls nicht nachweisbar. Leider ist auch die
Quellenlage für die Neuansiedlung im frühen Mittelalter dürftig. Erste
Erwähnungen einer jüdischen Präsenz in Mainz datieren von 917 und 937, „mit
geordneten Institutionen und individuell fassbaren Persönlichkeiten nach der
Jahrhundertmitte“[4], Juden sind in Worms ab ca. 1012, in Trier 1066, in
Speyer ab 1084 urkundlich fassbar, der Nachweis von Synagogen jedoch erst
etwas später: Worms 1034, Mainz 1093. Früher dagegen die ältesten Friedhöfe
in Mainz („Judensand“) um 1000, ältester erhaltener datierter Grabstein von
1049, in Worms („Heiliger Sand“) von 1077 [5]. Die Ansiedlung jüdischer
Personen und dann die Etablierung von Gemeinden erfolgte also in Etappen,
lediglich für Speyer ist ein punktueller Gründungsakt fassbar (dazu weiter
unten). Mainz wurde zum religiös-kulturellen Mittelpunkt mit seiner
Talmudschule, deren berühmtester Gelehrter Gerschom
ben Jehuda (ca. 960-1030) war. |
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Zu Raschi
siehe >>Jewish Encyclopedia [6] Cf. : J. Aronius,
Regesten
zur Geschichte der Juden, Nachdr. Hildesheim
1970, S. 20. (N°56, 57). [6aΤ cf. Aronius, op. cit., Dok.38. [6b] Cf. Henri Pirenne, Mahomet et Charlemagne, Paris (PUF),
1970, Kap. II [verfasst 1957] ; Barbara
Beuys, Heimat und Hölle. Jüdisches
Leben in Europa durch zwei Jahrtausende, Reinbek (Rowohlt),1996, Kap.
IV.; einige Quellen bei Aronius, op. cit. [7] Cf. Esther Benbassa, Histoire
des Juifs de France, Paris (Seuil / Coll. Points/histoire)
2000, 24. [1:1997] [8] Friedrich Battenberg, Das europäische Zeitalter der Juden, Bd.1 : Von den Anfängen bis 1650, Darmstadt (WBG) 2000, 51.
[1:1990]. – Quelle in: Aronius, Regesten..., S. 24.
(N°67) |
3.
Ursprünge in Frankreich Die rheinischen Gemeinden hatten engen Kontakt
nach Frankreich, den der große Gelehrte Raschi
(Salomon ben Isaak [bar Isaak], 1040-1105)
exemplarisch in seiner Lebensgeschichte verkörperte. Gebürtig aus Troyes,
studierte er in Worms und ging zurück in seine Heimatstadt. Auch nach den
Pogromen des 1. Kreuzzugs 1096 und seinem Tod hielt die Familie engen Kontakt
nach Mainz. Frankreich stellte die Verbindung zum
Mittelmeergebiet her. Einige schriftliche Quellen von kirchlicher Seite
lassen auf eine frühmittelalterliche Präsenz im Frankenreich schließen und
sogar auf eine Kontinuität seit der Antike, zumindest im südlichen, d.h.
mediterranen Raum. So forderte z.B. Papst Gregor 599 die Frankenkönige Theoderich und Theodebert auf,
durch ein Gesetz den Juden in ihrem Reiche das Halten christlicher Sklaven zu
verbieten und das 5. Konzil von Paris beschloss 614, dass kein Jude
öffentliche Ämter bekleiden sollte [6]. Die Aussagekraft der wenigen
konkreten Angaben zur jüdischen Präsenz ist zum Teil schwer zu beurteilen,
z.B. wenn Gregor von Tours im Rahmen von Auseinandersetzungen um eine
(Zwangs-) Taufe von 500 Juden in Clermont im Jahre
576 spricht. [6a] Das 6. und 7. Jh. war in Südgallien und im
westgotischen Spanien durch eine Kette von antijüdischen Ausschreitungen auf
lokaler Ebene und Maßnahmen von Seiten einzelner Bischöfe geprägt, die
zeitweise sogar den Charakter systematischer Verfolgungen annahmen, v.a. in
Spanien nach dem Übertritt der Westgoten vom Arianismus zum Katholizismus
unter König Rekkared 586. Eine parallele
antijüdische Kampagne von Staats wegen ist im 7. Jh. auch im Byzantinischen
Reich festzustellen. Im Westen gab es innerhalb der Kirche selbst einen
Disput über die antijüdischen Aktionen, so wurden z.B. die von einigen
Bischöfen vorgenommenen Zwangstaufen vom Papst kritisiert [6b] (– ein Thema,
das tausend Jahre später wieder aktuell werden sollte, als man nach den
Zwangsbekehrungen in Spanien und Portugal die Aufrichtigkeit der Neugläubigen
anzweifelte und diese dann erneut von der Inquisition verfolgt wurden). Mit
den Karolingern begann für die Juden im Frankenreich eine neue, positive Ära,
in Spanien mit dem Untergang des Westgotenreiches durch die arabische
Eroberung. Narbonne war neben Marseille im Übergang von
der Antike zum Mittelalter wahrscheinlich ein Zentrum dauerhafter jüdischer
Ansiedlung; durch ihre Grenzlage spielte die Region Septimanien
(ungefähr der heutige Languedoc) eine wichtige Rolle für den Widerstand der
Juden gegen die Maßnahmen der Westgoten, gegen die sie zum Teil Hilfe von den
Franken bekamen. Deutlicher treten die Juden von Narbonne mit der Eroberung
durch Pippin, Vater Karls d. Gr.,
in ein wenn auch halb legendäres, so doch auch halb historisches Licht der
Geschichte. Der Legende nach sollen die Juden der Stadt ihre arabischen
Herren (die Provinz Septimanien / die heutige
Region Languedoc stand damals kurzzeitig unter arabischer Herrschaft)
verraten und dadurch 759 die Übergabe der Stadt an die Franken ermöglicht
haben. Die Legende hat dieses historische Ereignis, ebenso wie die Eroberung
von Carcassonne, allerdings auf Karl d. Gr. übertragen. Karl soll Narbonne dann dreigeteilt
haben: einen Teil für den Grafen (als seinem Stellvertreter), einen für den
Bischof und einen für die Juden, deren Oberhaupt sogar den Titel „König der
Juden“ habe führen sollen [7]. Unabhängig von der Legende muss aber
tatsächlich eine bedeutende jüdische Gemeinde existiert haben, denn Papst
Stephan III. beschwerte sich um 770 über deren Status als den Christen
gleichgestellte Bürger, die über Grundbesitz verfügten, mit Christen sogar
unter einem Dach lebten und Christen in ihren Weinbergen arbeiten ließen [8].
(Letzteres ist ein bedeutender Hinweis, auf den ich weiter unten zurückkommen
werde). Daneben ist noch erwähnenswert, dass Isaac, der jüdische Begleiter
und Dolmetscher der Gesandtschaft, die Karl d. Gr.
an den Hof des Kalifen Harun al-Raschid schickte, wahrscheinlich aus Narbonne
stammte. |
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Die Karte zeigt die Entwicklung jüdischer Ansiedlungen ausgehend
vom Mittelmeer. © W.
Geiger |
Jüdische
Ansiedlung vom 8.-11. Jh. im
westlichen Mitteleuropa
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Vgl. die Informationen über die Radhaniten
auf den englischen und französischen Seiten von Wikipedia. [9] Cf.
Norman A. Stillman, The Jews of Arab Lands. A History and Source Book, Philadelphia
(The Jewish Publicaton Society of America) 1979,
34, sowie Mark R. Cohen, Unter Kreuz und Halbmond. Die Juden im Mittelalter, München (Beck) 2003, 89. [Orig. Princeton 1994], beide mit Bezug
auf: Moshe Gil, “The Rādhānite Merchants
and the Land of Rādhān”, in: Journal of
the Economic and Social History of the Orient 17, 3 (1974), 299-328. [10] “Itinéraire des marchands juifs, dits ar-Rââdhânyya“,
in: Kitâb al-masâlik wa’l mamâlik auctore Abu’l-Kâsim Obaidallah ibn Abdallah Ibn Khordadhbeh, accedunt excerpta e Kitâb al-kharâdj auctore Kodâma ibn Dja’far,
Lugduni-Batavorum [=Leiden], 1889, pp.114-116.
reed.: Publications of the Insitute für the History of Arabic-Islamic Science, Islamic Geography,
Vol. 39, Univ. Frankfurt a.M., 1992. [10c] aus: [al-Gahiz]: At-Tabassur bit-tigara, nach:
Bernard Lewis (Hg.), Der Islam von den Anfängen bis zur Eroberung von Konstantinopel,
Bd.2, Zürich/München (Artemis), 1982, S.194 [10d] Cf. Norbert Ohler, Reisen im Mittelalter, Düsseldorf /
Zürich (Patmos / Artemis & Winkler), Liz.ausg.
WBD Dasrsmstadt, S.135. Quelle in: Rudolf Buchner
(HG.), Ausgewählte Quellen zur
deutschen Geschichte des Mittelalters, Darmstadt (WBG), Bd.8, S.491. [11] cf. Tadeusz Lewicki, “Les commerçants juifs dans l’Orient islamique non méditerranéen au IXe-XIe siècle », in : Gli Ebrei nell’alto medioevo, Settimane di studio del Centro Italiano di Studi sull’Alto Medioevo XXVI, Spoleto 1980, t.1, 375-400. |
Exkurs zum Rätsel der Radaniten Daneben sind aus einer arabischen Quelle,
nämlich dem 867/885 verfassten Buch al-Kitab al Masalik w’al Mamalik (»Buch der Straßen und Königreiche«) von Ibn Khordadbeh (in engl. Transkription auch: Ibn Khurradhādhbe),
»Radaniten« genannte Fernhändler (andere
Schreibweisen: Rhadaniten, Radhaniten)
bekannt, die einen weit gespannten West-Ost-Handel betrieben. Man kann in dem
Begriff eine Ableitung von Rhodanices sehen (von
lat. Rhodanus = die Rhône) und so als Bezeichnung
für jüdische Händler interpretieren, die einen Handelsweg über das Mittelmeer
von der Rhône aus unterhielten; eine weitere und in der Zwischenzeit wohl
international bevorzugte Herleitung des Namens
bezieht sich auf einen Landstrich bei Bagdad bzw. einen Vorort der Stadt als
geographische Herkunftsbezeichnung [9] – oder aber leitet sich das Wort vom
Begriff für „Leute, die unterwegs waren“ her (frz. „routiers“
laut Blumenkranz [9a]. Die daraus zitierte Quelle ist folgende (cf. Wikipedia): „Diese Kaufleute sprechen Persisch, Romanisch (Griechisch
und Lateinisch), Arabisch, fränkische Sprachen, Spanisch und Slawisch. Sie
reisen vom Okzident in den Orient und vom Orient in den Okzident, bald zu
Lande und bald zu Wasser. Aus dem Okzident bringen sie Eunuchen,
weibliche Sklaven und Knaben, Seide,[10]
Pelztierwaren und Schwerter. Sie schiffen sich im Land der Franken auf dem
Mittelmeer ein und steuern Farama an (nahe den
Ruinen des alten Pelusium gelegen); dort laden
sie ihre Waren auf Lasttiere und begeben sich bei einer Entfernung von 20 farsakhs (Maßeinheit von ungefähr 5,6 km) in fünf
Tagesmärschen nach Kolzoum (= Suez). Auf dem
östlichen Meer (= Rotes Meer) fahren sie nach El-Djar (Hafen von Medina)
und nach Djeddah; dann begeben sie sich nach Sind (= Persien),
Indien
und China.
Auf ihrem Rückweg haben sie Moschus, Aloë, Kampfer,
Zimt und andere Produkte aus den orientalischen Gegenden geladen und
erreichen Kolzoum, dann Farama,
wo sie sich wieder auf dem Mittelmeer einschiffen. Manche setzen die Segel
nach Konstantinopel, um dort ihre Waren zu verkaufen; andere begeben sich in
das Land der Franken. Manchmal nehmen die jüdischen Kaufleute auf dem
Mittelmeer Kurs auf Antiochia am Orontes. Nach drei Tagesmärschen gelangen sie an
die Ufer des Euphrat
und kommen nach Bagdad.
Dort befahren sie den Tigris bis nach Basra, von wo sie nach Oman segeln, nach
Persien, Indien und China. Sie können also ohne Unterbrechung reisen.“[11] Für die Seide gibt Wikipedia
die unter Fußnote 10 eingefügte Erklärung, 11 verweist auf die französische
Ausgabe, die für Wikipedia offenbar ins Deutsche
übersetzt wurde. Die verschiedenen, auch im Internet,
kursierenden französischen, englischen und deutschen Übersetzungen des Textes
sind jedoch inhaltlich nicht identisch, sie weichen zum Teil sogar erheblich
voneinander ab, was wohl auf zwei unterschiedliche Vorlagen zurückgeht. In
der von J. de Goeje edierten und ins Französische
übersetzten Version des Buches von Ibn Khordadhbeh,
die auf der Fassung von Kodama ibn
Dja’far basiert, findet sich der Hinweis auf die
Juden in der Überschrift des entsprechenden Abschnittes: „Der Weg der
jüdischen Händler, genannt ar-Rââdhânyya“[10],
allerdings ist auch von anderen Händlern die Rede, nämlich den „Russen“ (wohl
die Waräger, Begründer des Reiches Rus, Ar-Rus auf arabisch), auf die auch
der in diesem Zusammenhang genannte Sklavenhandel hinzuweisen scheint. Denn
die Lieferung von Sklaven aus dem Frankenreich in den Orient, wie im Text
angedeutet wird, ist wenig wahrscheinlich, obwohl es Sklavenhandel in Europa
gab. Allerdings kamen diese vor allem aus dem noch heidnischen Osten Europas,
weswegen auch wohl das Wort Sklave
von Slave entstanden ist - dazu
mehr weiter unten. Absolut unwahrscheinlich ist jedoch die Lieferung von
Seide aus dem Abendland ins Morgenland, wie anderweitig veröffentlichte
Versionen berichten (wahrscheinlich auf das Buch von Ibn al-Faqih, Kitab al-Buldan, zurückzuführen, eine Kompilation mit einer
entsprechenden Passage, die jedoch umfangreicher ist als die erhaltene
Fassung des Originals von Ibn Khordadbeh und folglich
vom Kompilator ergänzt wurde). Hier weist also schon eine simple
Plausibilitätsprüfung auf die Problematik der Überlieferung hin: Seide wurde
damals gewiss nicht aus dem Westen in den Osten exportiert, auch wenn das
Geheimnis der Seidenraupenzucht schon ins arabische Andalusien gelangt war.
Grundsätzlich gilt wohl: Ibn Khordadbehs
Informationen waren offensichtlich um so dürftiger und unklarer, je weiter
die entsprechende Region entfernt lag, was ja auch keineswegs überraschend
ist. Blumenkranz weist eine ganze Reihe von tendenziösen Fehlschlüssen
hinsichtlich eines weltumspannenden Netzes jüdischer Händler in verschiedenen
Publikationen nach, wo aus „Händlern aus dem Westen“ schlicht „jüdische
Händler“ werden. [10a] Auch Michael Toch
problematisiert die überzogene Interpretation der einzigen Quelle dieser Art.
[10b] Doch unabhängig von dieser Quelle gibt es
durchaus auch jüdische Berichte über Handelsreisen nach Osteuropa, außerdem
haben die Chasaren (oder Chazaren,
Khazaren) – ein damals nördlich des Schwarzen
Meeres ansässiges Turkvolk, das um 800 zum Judentum übergetreten ist
(vielleicht auch nur dessen Führung) – sicher eine Rolle beim euroasiatischen
Handel gespielt. Für den damaligen Sklavenhandel war Byzanz als Abnehmer von
Bedeutung, ja vielleicht die Drehscheibe für einen interkontinentalen Handel:
Dort ist damals ja auch die neue Bezeichnung Sklavos
für Sklave im Griechischen entstanden, die Herkunft aus dem Land der Slaven
verdeutlichend, und die Bedeutung des Sklavenhandels wird durch die Übernahme
dieses Wortes in den westeuropäischen Sprachen unterstrichen. So können
jüdische Händler an diesem Handel beteiligt gewesen sein ohne deswegen
Sklaven aus dem fernen Westen in den Osten gebracht zu haben, vielleicht
wurde dies einfach nur mir der Herkunft der Händler aus dem Westen vermischt.
Eine andere arabische Quelle (al-Gahiz
zugeschrieben) aus dem 9. Jh. berichtet ausführlich über die
Handelsbeziehungen und listet darunter „Sklavinnen und Eunuchen“ aus Byzanz
sowie „Sklaven und Sklavinnen“ aus dem Lande der Chazaren
auf [10c]. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Information von Liutprand von Cremona, der von
seiner Reise nach Konstantinopel 944 berichtet, dass die Byzantiner umgekehrt
junge Eunuchen als Sklaven aus Kharezem (Chorezm), also aus einem islamischen Gebiet, erhielten
und zum Teil weiter nach Westen verkauften [10d]. Dieser Handel wurde wohl
über die Route nördlich des Schwarzen Meers und des Kaspischen Meers
abgewickelt. Auch die in der zitierten Fassung des Buches
von Ibn Khordadbeh genannten Waren, die vom Westen
(im weiteren Sinne des Wortes) in den Osten gebracht wurden, nämlich
vorwiegend Pelze, deuten auf eine nord- bzw.
nordosteuropäische Herkunft hin und keinesfalls auf Frankreich oder Spanien.
Die bei Ibn Khordadbeh genannten Sprach-kenntnisse der jüdischen Händler weisen ferner darauf
hin, dass sie wohl in Wirklichkeit aus dem arabisch-persischen Raum kamen, da
Persisch als eine Sprachen genannt wird, derer sie mächtig waren, weswegen
die Forscher auch eine im Irak lokalisierte Erklärung für den Begriff „Radhaniten“ favorisieren (siehe oben). Somit scheint es
sich eher um orientalische Juden zu handeln, die von dort aus vielleicht nach
West und nach Ost reisten [11], oder sie hatten nur die letzte Etappe der
Handelsroute nach Bagdad unter ihrer Kontrolle und Ibn Khordadbeh
dachte deswegen, dass sie den ganzen Handel abwickelten. So unklar die Verbindungen nach Westen sind,
so deutlicher sind sie jedoch nach Osten. So ist erwiesen, dass sich im
Mittelalter in der chinesischen Handelsmetropole Kaifeng
eine jüdische Gemeinde etabliert hat (am östlichen Ende der Seidenstraße) und
dass es auf dem Seeweg nach China im Indischen Ozean Niederlassungen
jüdischer Kaufleute gab, z.B. auf Ceylon (siehe Anm. 11). Trotzdem ist es
kaum vorstellbar, dass diese interkontinentalen Handelsbeziehungen
ausschließlich von Juden aufrecht erhalten wurden. Plausibler erscheint, dass
sie ein Teil des Handelssystems entlang der Seidenstraße oder zur See über
den Indischen Ozean waren, das im Kern bereits seit der Antike existierte,
und dass die Beschreibung von Ibn Khordadbeh somit
aussagekräftiger hinsichtlich der Handelsrouten als hinsichtlich der
vermeintlich exklusiven Herkunft und Identität der Händler ist. |
[9a] Berhard Blumenkranz Juifs
et Chrétiens dans le monde occidental, 430-1096, Paris / La Haye (Mouton)
1960, 14. [10a]
Blumenkranz, op. cit., 13-15. [10b]
Michael Toch, „Netzwerke im jüdischen Handel des
10.-12. Jahrhunderts“, Vortrag auf der Tagung Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalter des Konstanzer
Arbeitskrieses für mittelalterliche Geschichte e.V., 11.-14.2.2008, S.9.
Online hier. |
||||
[12] Battenberg, op. cit., 52f. [13] Ich folge im weiteren Haym Soloveitchik, „Halacha, Tabu
und Ursprung der jüdischen Geldleihe in Deutschland“, in: Cluse
(Hg.), Europas
Juden im Mittelalter (s.u.), 322-332. |
4.
Von der Rhône zum Rhein Innerhalb des trotz der spärlichen Quellenlage
überschaubareren europäischen Rahmens ist es dagegen wahrscheinlich, dass die
südgallischen bzw. fränkischen oder französischen Städte, alte römische
Gründungen, von Narbonne bis Marseille, die Hauptstützpunkte eines
euromediterranen Handelssystems jüdischer Kaufleute bildeten. In Lyon, einem
weiteren zentralen Ort auf der Handelsroute nach Norden, gab es jüdische
Händler, die von Ludwig dem Frommen 825 mit Schutzbriefen ausgestattet
wurden. Diese befreiten die genannten Personen von Zöllen und regelten ihre
rechtlich-kulturelle Autonomie und ihr Verhältnis zu den Christen sowie eine
Reihe von Fragen für den Fall von Rechtsstreitigkeiten. Wichtig auch hier,
dass den Juden explizit gestattet wurde, Christen als Lohnarbeiter zu
beschäftigten [12]. Auch in Städten des nordöstlichen Viertels des
alten Galliens bzw. des heutigen Frankreichs – von Orléans bis Metz über
Reims – gehen die Spuren jüdischer Siedlung auf das 9. Jh. zurück und sind
fest gefügte Strukturen für das 10. Jh. fassbar. Von hier aus zieht sich die
Spur siedlungsgeschichtlich an den Rhein. Sieht man sich die Lokalisierung dieser
frühmittelalterlichen jüdischen Gemeinden an, so ist ein Zusammenhang nicht
nur zu den damaligen Transportrouten entlang der Wasser-wege
zu erkennen, sondern auch eine topographische Verbindung zu den
Weinanbau-gebieten, so auch gerade im Fall von Reims oder Troyes, Städte, die
abseits des Rhône-Rhein-Weges lagen. Raschi, der
Gelehrte aus Troyes, war von Beruf her in Familientradition eigentlich Winzer
und/oder Weinhändler. Dieses „und/oder“ wirft bereits eine zentrale Frage
auf. Eine exzellente Analyse der Rolle des Weins scheint hier einen Schlüssel
für die wirtschaftliche Grundlage der Juden ausfindig gemacht zu haben [13],
nämlich im rituellen Gebot nach koscherem Wein und dem ebenso religiös
begründeten Verbot des Handels mit nichtjüdischem Wein. Die diesbezüglichen
rituellen Regeln adaptieren allgemeine Vorschriften und enthalten eine Reihe
von spezifischen Verboten und Geboten, die man heute ökologisch nennen
könnte. Daraus ergab sich zunächst ein Bedarf nach Eigenversorgung, den die
Juden im frühen Mittelalter durch das damals kaum eingeschränkte Recht auf
Landerwerb decken konnten. |
|
||||
[14] Soloveitchik, op. cit.,
323. [15] Bernhard Blumen-kranz,
„Cultivateurs et vignerons juifs en Bour-gogne du
IXe au XIe siècle“, in: Bulletin philologique et historique du Comité des
Travaux Historiques et Scientifiques, année 1959, Paris (Imprimerie Natio-nale) 1960, pp.129-136. [16] cf. Blumenkranz, op. cit., S.136; Schoeps/ Wallenborn,
Juden in Europa... (s.u.)., 170. [17] Bernhard Blumenkranz, Juifs et Chrétiens… (s.u.),
19. |
5.
Die Bedeutung des Weins Wein war jedoch auch ein begehrtes
Handelsgut, vielleicht war es sogar „das wichtigste Handelsgut in Nordeuropa“
[14], da es nach Aussage vieler Quellen einen relativ großen Konsum davon
gab, außerdem wurde zu Zeiten wenig entwickelter Geldwirtschaft in den
Weinbauregionen mit Wein auch als Naturalie bezahlt. Bernhard Blumenkranz, auf den Soloveitchik sich unter anderem bezieht, hat aus den
Archiven des Gebiets um Mâcon nachgewiesen, dass es
eine Strategie der Zusammenlegung jüdischen Landbesitzes durch Tausch von
Parzellen mit anderen Besitzern, darunter dem Kloster Cluny, gab, zweifellos
zur Herstellung einer kultfähigen Gemeinde (mind. 10 männliche Personen)
[15]. Hier ist eine Siedlungsstrategie zu erkennen, die den dortigen Juden
aber auch ganz im Gegensatz zum gängigen Klischee ein Leben nahe der ursprünglichen
ländlichen Lebensweise in der verlorenen Heimat sicherstellen sollte. Der
jüdische Grundbesitz umfasste nachweislich in der Mehrzahl Weinberge.
Mehrfach treten deren jüdische Besitze übrigens im frühen 10. Jh. sogar als
Schuldner, nicht als Gläubiger, von Geldverleih auf, was die alte These vom
Grundbesitz als Geldanlage städtischer Juden aus Mâcon
widerlegt. Der Weinbau über den Eigenbedarf hinaus könnte jedoch dann, so Soloveitchik, eine Art „ursprüngliche Akkumulation des
Kapitals“, um mit Marx zu sprechen, herbeigeführt haben, die es ermöglichte
weitere Handelsaktivitäten und auch Kreditgeschäfte aufzunehmen. Erzbischof Agobard von Lyon († 840) sowie sein Nachfolger verfassten
wiederholte Predigten und Beschwerden gegen den Einfluss der Juden am
fränkischen Hofe und deren Handelsaktivitäten, darunter den Weinhandel, der
sogar bis zur Lieferung von Messwein geführt haben soll [16]. In dieser
frühen Zeit ist auch ein geschäftlicher Kontakt mit dem Kloster von Cluny
sowie mit anderen kirchlichen Institutionen oder Einzelpersonen in
nachweisbar. Jüdischer Händler waren Verwalter kirchlicher Würdenträger
(Äbte, Bischöfe) im 10. und 11. Jh., aus jüdischen Quellen geht sogar hervor,
dass solche begehrten Positionen durch eine quasi „zunftmäßige“ jüdische
Organisation, der Marufia, einzelnen Juden
zugeteilt wurden [17]. |
|
||||
[18] Soloveitchik,
op. cit., 323. [19] a.a.O.,
327. [20]
Schoeps / Wallenborn (Hg.),
Juden in Europa, Bd.1 (s.u.), 170. |
Die jüdischen Quellen berichten auch von Auseinandersetzungen
um die Frage des nicht-jüdischen, also nicht koscheren Weins als
Handelsobjekt. Wurden dadurch die strengen religiösen Vorschriften verletzt?
„Ein Bericht aus der Mitte des 10. Jahrhunderts gibt Zeugnis von einem
Kompromiss: Wein sollte als Zahlungsmittel für Schulden akzeptiert werden,
nicht aber als Handelsgut. Erstaunlicherweise wurde das Handelsverbot allem
Anschein nach mindestens bis Anfang des 14. Jahrhunderts aufrecht
erhalten.“[18]. Soloveitchik zieht daraus die
Schlussfolgerung, dass das Handelsverbot umgangen wurde, indem jüdische
Händler nur indirekt als Auftraggeber oder Finanziers solchen Handels
auftraten. Dies könnte auch die schon frühen Hinweise erklären, dass Juden
Christen in diesem Sinne für Arbeiten bezahlten. So bestand auch z.B. in der
Gegend von Mâcon, im Saônetal
(Verbindungsstrecke zwischen Rhône und Rhein), in den ersten beiden
Jahrzehnten des 10. Jahrhunderts 65% des jüdischen Grundbesitzes aus
Weinbergen [19]. Aus christlichen Quellen könnte man sogar auf direktere
Formen des Handels schließen: So enthält die Beschwerde des Erzbischofs Agobard von Lyon über den Status und die privilegierten
Beziehungen der Juden zum König (Ludwig d. Fromme) aus dem Jahre 826 Hinweise
auch Vorwürfe hinsichtlich des Weinverkaufs an Christen inklusive des
königlichen Hofes [20]. Insgesamt ist die wichtige Rolle der Juden im
Weinhandel in zahlreichen Quellen gut belegt. |
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||||
[21] Annegret Holtmann, „Jüdische
Geldleihe im Spiegel mittelalterlicher Geschäftsbücher: Das Beispiel Vesoul“, in: Cluse (Hg.), Europas
Juden im Mittelalter (s.u.), 340. |
Soloveitchik bringt nun das Interesse der
jüdischen Händler und Weinbergsbesitzer mit Wein zu handeln ohne die
religiösen Vorschriften zu verletzen mit den spezifischen Risiken des
Weinbaus im Vergleich zu anderen Formen der Landwirtschaft zusammen (stärkere
Abhängigkeit von klimatischen Einflüssen usw.): die relativ häufig notwendige
Subventionierung der Arbeit für die Zeit schlechter Erträge, die in Zeiten
guter Erträge amortisiert werden konnte, sei nach seiner Analyse der Ursprung
des jüdischen Kreditwesens, das freilich nicht als solches wahrgenommen
wurde, sondern vielmehr als eine Art von kommerzieller Partnerschaft. Aus der
späteren Zeit des beginnenden 14. Jahrhunderts hat Annegret Holtmann die
jüdischen Geschäftsbücher von Vesoul
(Freigrafschaft Burgund) untersucht und hier auch das Produkt Wein als
wichtigen Faktor erkannt: „Die Lieferungen, die aus Most, kurz gegorenem Wein
und Trauben bestanden, wurden entweder von den christlichen Geschäftspartnern
an die Juden verkauft oder dienten der Rückzahlung von Krediten, welche die
Juden auf zukünftige Ernteerträge gewährt hatten. Das [jüdische Händler-]
Konsortium verkaufte den erhaltenen Wein zumindest in gewissem Umfang auch
weiter.“[21] |
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[22] Gerold Bönnen,
„Worms. Die Juden zwischen Stadt, Bischof und Reich“, in: Cluse
(Hg.), Europas
Juden im Mittelalter (s.u.), 432. [23] Siehe in: Quellen zur Verfassungsgeschichte der deutschen Stadt im Mittelalter,
ausgewählt und übersetzt von Bernd-Ulrich Hergemöller,
WBG, Darmstadt 2000, S.100-105. [24] a.a.O., 433. [25] a.a.O., 435. [26] Cf. Eva Bieker
, Die Judenprivilegien Kaiser
Heinrichs IV. aus dem Jahre 1090, Homepage des Lehrstuhls für Deutsche Rechtsgeschichte und Bürgerliches
Recht Prof. Dr. Elmar Wadle, Saarbrücken (– die Seite ist nicht mehr aktuell
(30.1.2011) |
6.
Über die jüdischen Ansiedlungen in Worms und Speyer Die
Niederlassung jüdischer Händler und mehr noch die Gründung jüdischer
Gemeinden in mittelalterlichen Städten ging nur durch entsprechende
Genehmigung seitens der Autoritäten, d.h. im frühen Mittelalter, als die
Städte noch nicht die weitgehende Autonomie errungen hatten, seitens des Landesherrn.
Es fällt auf, dass dies vor allem die Kirche war (in ihrer Eigenschaft als in
das Lehnswesen eingebundene Institution mit sämtlichen weltlichen
Herrschaftsrechten): Köln, Mainz und Trier waren Erzbistümer, Speyer und
Worms unterstanden jeweils einem Bischof. Das
jüdische Viertel in Worms entstand an der nördlichen Peripherie, innerhalb
der Stadtmauern; zuvor hatten dort im früheren Mittelalter friesische
Kaufleute gesiedelt [22], modern gesprochen handelte es sich dort also um so
etwas wie eine ausgewiesene „Gewerbezone“. Dass Friesen rheinaufwärts Handel
trieben ist auch durch Münzfunde belegt. Offenbar lösten nun jüdische
Kaufleute die Friesen in dieser privilegierten Position in Worms (und später
in Speyer) ab, was wohl auch einer Umorientierung der diesbezüglichen
Interessen der Stadtherren hin zum Handelskontakt nach Süden hin zu verdanken
ist [23]. Die erste
urkundliche Erwähnung datiert von 1074 und war ein Privileg König Heinrichs
IV. für „die Juden und alle übrigen Wormser“ (iudei
et coeteri Uvormatienses):
„Es handelt sich um die erste Urkunde eines deutschen Herrschers für eine
Bürgergemeinschaft überhaupt, und sie enthält eine wirtschaftlich sehr
wesentliche Befreiung vom Zoll an königlichen Erhebungsstellen vor allem
entlang der Rheinschiene.“[24]. Es war wohlgemerkt die Zeit des
Investiturstreits zwischen Kaiser und Papst und in diesem Zusammenhang steht
auch das Privileg Heinrichs, in dem dieser den Wormsern – Juden wie Christen
– für ihre Unter[27] 1090 wurde
das Privileg mit einer ausdrücklichen Unterstellung der Wormser Juden unter
den König um folgende Rechte ergänzt: „die Erlaubnis zum Geldwechsel, die
Besitzzusicherung (genannt werden Grundstücke, Weinberge, Gärten und die
Verfügung über heidnische Sklaven), die Bestätigung ihres Hausbesitzes an der
Stadtmauer.“[25]. Außerdem wurden Zwangstaufen verboten und die Bestimmungen
nach jüdischem Recht bestätigt. Eva Bieker weist darauf hin, der Zollerlass von 1074
begünstige „alle Bürger von Worms“ und könne „insofern in diesem Zusammenhang
vernachlässigt werden“(26), gemeint ist als spezifisch judenrechtliche
Bestimmung; man kann diese Perspektive jedoch auch umkehren: Das Privileg
dokumentiert eine einzigartige Gleichstellung der jüdischen mit den
christlichen Händlern im Sinne der königlichen Wirtschaftspolitik und ist
damit eine überaus wichtige Quelle für die Stellung der Juden vor der Zäsur
des 1. Kreuzzuges 1096, vor allem, wenn man dies im Zusammenhang mit den
ihnen zugesprochenen Rechten auf Grundbesitz, Beschäftigung von christlichen
Bediensteten, juristische Gleichstellung bei Rechtsstreitigkeiten mit
Christen, wertet. Das
Privileg von 1090 steht in engem Zusammenhang mit dem gleichzeitig für die
Speyerer Juden ausgestellten Privileg Heinrichs IV., so dass wahrscheinlich
das eine als Vorlage für das andere diente. Allerdings war die Situation in
Speyer damals in manchen Punkten anders. Im Investiturstreit stellte sich der
Speyerer Bischof hinter den Kaiser und die jüdische Ansiedlung in Speyer hat
eine eigene Geschichte, die eng mit dem bischöflichen Privileg von 1084
verbunden ist. |
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[27] Cf. Karl Heinz Debus,
„Geschichte der Juden in Speyer bis zum Beginn der Neuzeit“, in: Die Juden von Speyer (s.u.), 15. [28] Die existierenden
Übersetzungen der lateinischen Urkunde sind z.T. sehr unterschiedlich, siehe
dazu im Folgenden die Begründung. Hier liegt der in Debus, op. cit., 5 (vgl. 27)
veröffentlichte Text zugrunde. [29] Cf. in Debus, op. cit., S.13. [30] Kompletter Text Variante 2
bei der AG Deutsch-Jüdische Geschichte des Geschichts-lehrerverbandes: [31] Aus: Debus, op. cit., 4. [32] Aus: Schoeps/ Wallenborn, op. cit.. (s.u.),
120. [33] Aus: Hergemöller,
Quellen..., op. cit., 109. [34] Modernisierte Fassung nach
der Handschrift im Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, in: Das jüdische Mittelalter,
Pädagogische Schriftenreihe H. 2, Jüdisches Museum Frankfurt am Main,
bearbeitet von Martin Liepach, 2001, 17. [35] Cf. dazu in mehreren
Beiträgen in Die Juden von Speyer,
(s.u.) [36] Monika Porsche, „Speyer: die
mittelalterliche Synagoge“, in: Cluse, Europas Juden im Mittelalter, op. cit., 409. |
Es wird
vermutet, dass einzelne Personen bereits in den 70er Jahren des 11. Jh.s nach Speyer kamen und dort in der Stadt wohnhaft
waren [27]. 1084 gab es einen Zuzug einer größeren Gruppe, denen der Bischof
Rüdiger Huozmann ein besonderes Wohngebiet sowie
ein Friedhofsgelände durch Schenkung zuwies und dafür wie für die damit
verbundenen Rechte das Privileg von 1084 ausstellte. Dieses sah, wie das oben
genannte kaiserliche Privileg für die Wormser, Handelsfreiheiten inklusive
Geldwechsel vor, das Recht zur Beschäftigung christlicher Bediensteter,
rechtliche Selbstverwaltung, und dies alles gegen eine jährliche kollektive
Zahlung von 3,5 Pfund Speyerer Währung [28]. Eine
jüdische Quelle aus der Mitte des 12. Jahrhunderts erklärt die Ansiedlung in
Speyer als Flucht der Mainzer Juden nach dem Brand ihres Viertels, der auch
auf die christlichen Wohnbezirke übergegriffen habe [29]. Eine
Pogromsituation als Auslöser für den Brand geht jedoch nicht eindeutig aus
der Quelle hervor, wenn auch berichtet wird, dass die Mainzer Juden nach dem
Brand in großer Angst waren und ein aus Worms nach dem Brand eingetroffener
Jude von den Christen erschlagen wurde. Es könnte sich auch um einen erst
durch den Brand motivierten Gewaltakt handeln, weil man den Juden die Schuld
an dem Brand gegeben hätte. In jedem Falle spricht die Quelle eindeutig von
einer Flucht der Juden aus Mainz und der überaus großzügigen Aufnahme durch
den Bischof von Speyer. Die Quelle
selbst unterliegt der Problematik einer schwierigen Lesart der Handschrift
mit zwei unterschiedlichen Interpretationen an einer wichtigen Stelle. Die
nach einem Streit unter Experten seit den 1920er Jahren privilegierte
Version, die sich bis vor kurzem faktisch in allen entsprechenden Sammlungen
und Darstellungen fand, ist in der nachfolgenden Gegenüberstellung Text Nr.2,
Nr. 1 die ursprüngliche Lesart, die von Karl-Heinz Debus wieder „ausgegraben“
wurde, sowie Nr.3 eine ziemlich textnahe Neuübersetzung
von Bernd-Ulrich Hergemöller aufgrund dieser
ursprünglichen Lesart: Der Streit
um die Lesart bezieht sich zunächst lediglich auf die Frage der Existenz oder
nicht eines i-Punktes in einem Wort, das dann entsprechend als peioris (als „Pöbel“ übersetzt) oder pecoris
(„Vieh“) gelesen und übersetzt wird und der Textpassage dadurch inhaltlich
erheblich voneinander abweichende Interpretationen verleiht. Die peioris-Version setzte sich wohl nicht zuletzt deswegen
durch, weil dadurch das Verfolgungs-paradigma in
Bezug auf die jüdische Geschichte bedient wurde, ganz im Lichte der ja
tatsächlich wenig später (1096) erfolgten Pogrome im Rahmen des 1. Kreuzzugs,
denen die Speyerer allerdings dank ihres Bischofs entkamen. Die retrospektiv
sinngebende Interpretation sollte jedoch gerade nicht unseren Blick auf die
historische Realität verstellen. Bis 1096 gab es keine systematischen
Verfolgungen und die Ansiedlung der jüdischen Gemeinde in Speyer zu ihrem
Schutze außerhalb der Stadtmauer hätte diese Aktion des Bischofs in ein
seltsames Licht gerückt, wollte er doch im Sinne der salischen Dynastie
Speyer zur einer bedeutenden Stadt, zu einer Metropole machen (im Sinne von
Text 2, im lateinischen Original: „urbs“, nicht „civitas“), mit einer Hauptstadtfunktion für die
Salierdynastie auch durch den kurz zuvor erfolgten Dombau.
Spätestens
nach dem Kreuzzugspogrom, dem die Speyrer Juden durch den bischöflichen
Schutz bis auf wenige Opfer entkamen, wurden sie mitten im Stadtzentrum in
der Nähe des Doms angesiedelt, wie in den meisten anderen Städten auch. Der
Schutz lag stets in der Nähe zur Kirche, nicht außerhalb der Stadt, so z.B.
in Frankfurt am Main, wo die jüdische Gemeinde noch 1460 – also nach zwei
Pogromen im 13. und 14. Jh. – gegen die Errichtung der Judengasse an der
Stadtmauer (dem ersten Ghetto im Wortsinne) mit dem Argument protestierte:
„Aber, gnädige liebe Herren, [...] an eine Stelle [zu ziehen], wo nicht
ständig Leute sind und wo es nicht belebt ist, damit solltet Ihr uns nicht
verstören. Falls wir außerhalb der Leute wohnten, ist zu befürchten, dass wir
ermordet würden oder dass unser Besitz weggenommen würde bei Tag oder bei
Nacht, oder dass mit brennendem Material Feuer gelegt oder geschossen werde,
nachdem man uns ungünstig gesinnt ist [...]“ [34]. Etliche
Argumente sprechen jedoch dafür, dass der Einzug von einer provisorischen
Ansiedlung außerhalb der Stadt in deren Mitte bereits vor 1096 stattfand oder
zumindest begonnen hatte, vielleicht um das Jahr 1090 herum, als Heinrich IV.
das Privileg für die Speyrer Juden seinerseits bestätigte (parallel zu Worms,
siehe oben)? In den Berichten über die Ereignisse 1096 ist bereits von einer
Synagoge die Rede; so vermuten lokalhistorische Forschungen sogar, dass diese
(bzw. ein erstes Provisorium) bereits vor der Ansiedlung der Mainzer Juden
1084 errichtet worden sei, ebenso wie die Mikwe in
ihrer ältesten Gestalt [35], und zwar im Zusammenhang mit dem Dombau (Einweihung 1061). Um 1104 wurde die Synagoge in
ihrer ersten dauerhaften Gestalt fertiggestellt. Die archäologischen
Forschungen der letzten Jahre haben offengelegt, dass auf dem Gelände der
Synagoge und des darum entstehenden neuen Judenviertels zuvor eine Bebauung
mit Fachwerkhäusern und einer Werkstatt mit zwei Öfen bestanden hatte. Die
alten Gebäude wurden abgerissen und das ganze Gelände neu aufplaniert
[36]. All dies
deutet darauf hin, dass die neuen jüdischen Zuwanderer erst einmal
provisorisch außerhalb untergebracht wurden, weil es in der kleinen Stadt
selbst noch keinen Platz für die größere Gruppe, die sie waren, gegeben
hatte. Die Erklärung mit der „Feindseligkeit des Pöbels“ findet – ganz abgesehen
vom seltsamen Sprachgebrauch des Bischofs für die Bürger seiner Stadt – hier
keinen Platz mehr, das Gegenteil drängt sich vielmehr auf: Die Juden sollten
in der Stadt angesiedelt werden, dafür musste aber erst Platz geschaffen
werden, deswegen das Provisorium. Der Schutz durch eine Art Zaun vor den
umliegend frei gehaltenen Viehherden vor der Stadtmauer leuchtet dagegen
durchaus ein. |
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Last update: 26.1.2014 Wird fortgesetzt... |
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Literatur: J. Aronius, Regesten zur Geschichte der Juden, Nachdr. Hildesheim 1970 Julius H.
Schoeps / Hiltrud Wallenborn (Hg.),
Juden in Europa. Ihre Geschichte in Quellen, Bd.1: Von den Anfängen bis zum
späten Mittelalter, Darmstadt (WBG) 2001. Christoph Cluse (Hg.), Europas Juden im
Mittelalter. Beiträge des internationalen Symposiums in Speyer vom 20. bis
25. Oktober 2002, Trier (Kliomedia) 2004. –
Abstracts finden sich auf der Website der Univesität
Trier, s.u. Ders., Quellentexte zur
mittelalterlichen Geschichte und Geschichte der Juden, auf der Website der
Uni Trier, siehe link. Vgl. auch
die Webseite des Arye Maimon-Institut
für Geschichte der Juden an der
Universität Trier, geleitet von Prof. Dr. Alfred Haverkamp, historia-iudaica,
siehe link. Europas
Juden im Mittelalter, hrsgg. von Historischen
Museum der Pfalz Speyer, Katalog zur Ausstellung „Europas Juden im
Mittelalter“, Hatje Cantz
Verlag 2005. Historischer
Verein der Pfalz, Bezirksgruppe Speyer, Die Juden von Speyer, Beiträge zur
Speyerer Stadtgeschichte Nr.9, Speyer, 3. Aufl.
2004. Bernhard Blumenkranz, Juifs
et Chrétiens dans le Monde occidental 430-1096, École Pratique des Hautes
Études – Sorbonne, Études juives 2, Paris/Mouton/La Haye 1960. Barbara
Beuys, Heimat und Hölle. Jüdisches Leben in Europa durch zwei Jahrtausende,
Reinbek (Rowohlt) 1996. Egon Wamers / Fritz Backhaus (Hg.),
Synagogen, Mikwen, Siedlungen. Jüdisches
Alltagsleben im Lichter neuer archäologischer Funde, Schriften des
Archäologischen Museums Frankfurt 19, 2004. |
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>>Nach oben >>Übersicht Jüdische Geschichte |
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©2008 W. Geiger |
Die Kirche und ihr Verhältnis zu den Juden im Mittelalter - Notizen im Aufbau - |
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[1] Die
jüngste Gesamt-darstellung unter besonderer
Berücksichtigung der theologischen Komponente findet sich in: Martin H. Jung,
Christen und Juden. Die Geschichte
ihrer Beziehungen, Darmstadt (WBG) 2008.
– Dokumente mit Kommentar cf. Julius H. Schoeps / Hiltrud Wallenborn (Hg.), Juden in Europa. Ihre Geschichte in
Quellen. Bd.1: Von den Anfängen bis zum späten Mittelalter. Darmstadt
(WBG), 2001. [2] Willibald Paul Eckert , „Das Verhältnis von
Christen und Juden im Mittelalter und Humanismus“, in: Konrad Schilling (Hg.), Monumenta Judaica. 2000 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am
Rhein. Handbuch zur Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum 1963-64, Köln 1963, S.153f. |
Die
theologischen Vorbehalte der Kirche, die seit der Spätantike ausformuliert
wurden und in zahlreiche Konzilsbeschlüsse mündeten [1], hielt die Bischöfe
nicht davon ab, Juden in ihre Residenzstadt zu holen. Beispielhaft erscheint
hier das Privileg von Speyer (siehe oben), auch wenn der Ehrgeiz des dortigen
Bischofs die „villa“ (svw. Dorf, vgl. dt. „Weiler“)
Speyer zu einer bedeutenden Stadt („urbs“) und im
Einvernehmen mit dem Kaiser zur salischen Metropole zu machen gewiss einen
besonderen Aspekt darstellte. Doch schaut man sich die Städte an, in denen
jüdische Gemeinden bis Ende des 11. Jh.s
entstanden, so waren dies fast ausnahmslos Bischofssitze und diese Tendenz
setzte sich dann mit der Ostkolonisation auch fort (Magdeburg usw.).
Lediglich Frankfurt am Main bildet eine Ausnahme, doch ist die Ansiedlung vor
dem 12. Jh. auch unsicher. Fast in allen Städten hatte die jüdische Gemeinde
ihr Wohnquartier in unmittelbarer Nähe des Doms, Ausnahme hier war Worms. Die
erste Ansiedlung am Ortsrand von Speyer ist nur als eine provisorische zu
betrachten, sie war bereits kurze Zeit später überholt. Nach dem
Kreuzzugspogrom 1096, dem die Speyerer Gemeinde dank des Bischofs als eine
der wenigen entging, wurde ihr in der Nähe des Doms das Terrain zur Verfügung
gestellt, auf dem heute noch die Mikwe und die
Ruinen der Synagoge zu besichtigen sind. Die
Erneuerung der Kirche im Zuge des 11. und 12. Jh.s
hat dieses Verhältnis zu den Juden dann verändert, als dessen Wendepunkt das
4. Lateranische Konzil von 1215 gelten kann.
Ausgelöst wurde diese Erneuerung der Kirche durch die Zisterzienserbewegung
und damit verbunden entstand der Wunsch nach Abgrenzung und Befreiung vom
Einfluss der weltlichen Gesellschaft und Herrschaft (Investiturstreit) mit
dem Ziel einer Umkehrung des Verhältnisses, nämlich mit dem Anspruch auf
gesellschaftliche und politische, ja sogar militärische Macht (Reconquista und Kreuzzüge). Dies
ließ die theologischen Vorbehalte gegen ein zu enges Zusammenleben mit Juden
wieder Oberhand gewinnen. Auf dem 4. Lateranischen
Konzil 1215 wurden nicht zum ersten Mal aber mit Nachdruck Beschlüsse zur
Trennung von Juden und Christen gefasst, u.a. die Kenntlichmachung der Juden.
Allerdings hatte man damals mehr die multikulturelle Situation in Spanien,
Süditalien und in den Kreuzfahrerstaaten im Augen, weswegen die
Kleidervorschriften auch für die Muslime beschlossen wurden. Die Wirkung
dieser Beschlüsse war gleichwohl gering, da der „Gelbe Fleck“ oder “Gelbe
Ring“ an der Kleidung für die Juden im Reich erst viel später durchgesetzt
wurden, in Frankfurt am Main beispielsweise erst mit der Einrichtung des
Ghettos, der Judengasse 1462. Auch wenn
die reale Macht der Kirche in dieser Frage also eher gering war, wurde die
Abgrenzung der Kirche von den Juden dadurch deutlich, dass im 13. Jh. an oder
in vielen Kirchen und v.a. Kathedralen von Bischofsstädten, in denen es
bedeutendere jüdische Gemeinden gab, Darstellungen entstanden, die die
Christen über den rechten Weg der Ecclesia (lat. Kirche = Christentum) und
den Irrweg der Synagoga (Synagoge = Judentum)
belehren sollten. Zu den
Abbildungen in Form von Skulpturen oder Bildern in Kirchenfenstern gehörten
auch schauspielerische Darstellungen bei kirchlichen Prozessionen und
Feierlichkeiten wie den Passionsfestspielen, von denen etliche Szenen mit
Ecclesia und Synagoga aus Süddeutschland (Frankfurt
und südlich davon) überliefert sind. Aus der nur bruchstückhaft überlieferten
Frankfurter Dirigierrolle ist folgender Dialog
zwischen Ecclesia und Synagoga im Anschluss an
Christi Himmelfahrt überliefert: „Die
Ecclesia beginnt das Glaubensgespräch mit einem Gebet an Gott-Sohn; auf das
die Synagoge mit einem Bekenntnis zu dem einzigen Gott antwortet. Auf die
Beweise für die Gottessohnschaft Jesu Christi antwortet Synagoga
mit Gegenbeweisen. Aber zu ihrem Schmerz muss sie erleben, dass, wie es in
der Regieanweisung heißt, acht oder zehn Juden vortreten und um die Taufe
bitten. Schmerzlich bewegt und zugleich voll Liebe wirbt Synagoga
um ihre Kinder, die sie verlassen haben. Doch ihr Bemühen ist vergeblich. In
der folgenden Regiebemerkung heißt es, dass jetzt der Synagoga
der Mantel von der Schulter und die Krone von ihrem Hupte gleitet. Zugleich
aber wünscht die Ecclesia den Bekehrten Glück.“ [2] |
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Ecclesia und Synagoga, Straßburger
Münster © Fotos: W.
Geiger No reproduction without permission |
Ecclesia
(links) und Synagoga (rechts) Statuen am Südportal des Straßburger Münsters.,
ca.1220/30. (Nachbildungen, die Originale befinden sich im Museum.). |
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Kathedrale von Chartres Auschnitt aus dem
Kirchenfenster Nr. 59, das Motive im Zusammenhang mit dem
Erlösungsgedanken zeigt (Vitraux de la nef, bas côté nord,
6ème travée, « Vitrail symbolique de la Rédemption »),
13. Jh. Cf. Etienne Houvet, Chartes –
Guide de la Cathrédrale, Cahrtres
(Eds. Houvet / Eds. Valoirs) 2007. © Foto: W. Geiger No
reproduction without permission |
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Ausschnitte: Ecclesia
und Synagoga |
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© Fotos: W. Geiger No
reproduction without permission |
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Das Synagoga-Motiv von Chartres ist insofern einzigartig, als
es die Verführung durch den Teufel unmittelbar darstellt. Der Teufel hat mit
seinem Bogen einen Pfeil auf den Kopf bzw. die Augen der Synagoga
geschossen und wendet sich in der Darstellung bereits wieder ab. Bessere
Fotos sowie eine umfassende Darstellung und Erklärung der Kathedrale von Chartres
und ihrer Glasfenster gibt es online von der Digital Library der Universität
Pittsburgh im Rahmen eines umfassenderen Projektes MEDART Images of Medieval Art and Architecture in France. Weitere
Infos und Links zum Thema: Einen
kurzen Einstieg findet man über Wikipedia „Synagoga“ bzw. „Ecclesia“, ausführlicher ist die Seite
zum Bamberger Dom, die einen Hinweis auf die dortigen Skulpturen enthält.
Noch interessanter ist die Darstellung und Erklärung auf der offiziellen
Seite des Erzbistums, dort gibt es einen virtuellen Rundgang durch den Dom. Der
Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit hat sich auf
seiner Website diesem Thema ebenfalls gewidmet. Franz
Böhmisch, Diplomtheologie aber Geschäftsführer einer Computerfirma in Österrreich, hat anlässlich einer Ausstellung 1999/2000
eine umfangreiche Bibliographie inkl. Weblinks zur Verfügung gestellt. Das Motiv
im Freiburger Münster findet sich recht gut dargestellt auf einer
Projektseite („Münsterprojekt“) des Faustgymnasiums Staufen. Diese
Thematisierung der Juden an und in Kirchen und in der christlichen Kunst muss
ursprünglich weit umfassender gewesen sein, als es die heutigen Relikte
vermuten lassen, und zwar über die allgegenwärtige Judas-Darstellung aus der
Abendmahlszene hinaus. Allein die noch vorhandenen Zeugnisse zusammenzutragen
und zu analysieren ist eine Aufgabe, die noch nicht gelöst erscheint. Eine
hervorragende Arbeit hat vor vierzig
Jahren schon Bernhard Blumenkranz in seinem Buch Le juif
médiéval au miroir de l’art chrétien, Paris (Etudes Augustiniennes) 1966,
vorgelegt. 6.3.2010 Das Motiv
Ecclesia/Synagoga wird mit Fotos der Kathedralen
von Straßburg, Worms und Trier und weiteren
Hinweisen auch auf www.juedischegeschichte.de
behanmdelt. Wird fortgesetzt… |
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©2006 W. Geiger |
3. Die Stellung der
Juden im „Sachsenspiegel“ (ca. 1220-1235) Auszug aus der Quelle mit Kommentar zur Situation im 12. und
13. Jh. |
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©2006 W. Geiger Zur Geschichte
des Sachsenspiegel siehe auf der Website der >>Wolfenbütteler Handschrift |
Judenrechtliche
Bestimmungen des Sachsenspiegel in der Übersetzung von 1848 nach der
Edition: Sachsenspiegel
oder Sächsisches Landrecht, zusammengestellt
mit dem Schwäbischen nach dem Cod. Pal 167, unter
Vergleichung des Cod. Pict.
164, mit Übersetzung und reichhaltigem Repertitorium
von Dr. Carl Robert Sachse, Heidelberg (Akademische Verlagshandlung Winter),
1848, Reprint-Verlag Leipzig. Einleitung Im
Sachsenspiegel ebenso wie im verwandten Schwabenspiegel wurde das damals
geltende Recht erstmals systematisch aufgezeichnet und ist in mehreren
Handschriften überliefert, die v.a. durch die beigefügten Illustrationen
variieren. Man unterscheidet v.a. zwischen der Wolfenbütteler und der
Heidelberger Handschrift (in der Sammlung der Bibliotheca
Palatina). Der lateinische Urtext ist verloren
gegangen und die mittel-hochdeutschen Handschriften stellen somit auch ein
Dokument deutscher Sprach-geschichte dar. Eike von Repgow sammelte darin das ihm bekannte Recht mündlicher
Tradition, also das Gewohnheitsrecht, des damaligen Herzogtums Sachsen. Es
handelt sich dabei jedoch um weit mehr als nur das sächsische Landrecht, da
darin auch Elemente des königlichen Rechts niedergelegt sind, darunter auch
das die Juden betreffende Recht. Die diesbezüglichen Bestimmungen beschränken
sich auf die wichtigsten Aspekte des Umgangs zwischen Juden und Christen aus
christlicher Sicht und sind nicht mit den umfangreichen und detaillierten
Beschreibungen der kleinsten Details des sächsischen Landrechts und auch
nicht mit den Passagen zum Lehnsrecht vergleichbar. Es wäre somit falsch aus
der Thematisierung der Pfandleihe zu schließen, wie es oft geschieht, dass
dies die einzige Tätigkeit gewesen wäre, der die Juden nachgegangen sind.
Vielmehr ergab sich aus den möglichen Problemen im Zusammenhang mit der
Pfandleihe (Problem der Hehlerware) ein
juristischer Konfliktstoff zwischen zwei ansonsten getrennten
Rechtsbereichen, da Juden und Christen unter sich nach eigenem Recht lebten. Eike
von Repgow lebte ca. 1180 bis 1233 und hat damit
die deutschsprachige Ausgabe des Sachsenspiegels erst kurz vor seinem Tode
fertiggestellt. Der Text spiegelt weitgehend die Situation des 12. Jh.s wieder und bezieht damals aktuelle Veränderungen
nicht mit ein. Im Hinblick auf die Rechtsstellung der Juden beinhaltet der
Text daher deren Status vor den großen Veränderungen des 13. Jhs. Die Illustrationen stammen aus der späteren
Heidelberger Handschrift des 14. Jhs. |
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© Universitätsbibliothek Heidelberg, >> Cod. Pal. Germ.
164, Heidelberger Sachsenspiegel Eine Detailanalyse von Bild und Text gibt auf der Website der
Wolfenbütteler Handschrift (s.o.), dort
f. 41r, Bild 111 |
Der
Königsfrieden. Ausschnitt aus dem Sachsenspiegel, Illustration der
Heidelberger Handschrift Cod. Pal. Germ. 164, Kap. 7r, Landrecht, Blatt 11r, mit Genehmigung
der Universitätsbibliothek Heidelberg. |
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[1] Cf. Julius H. Schoeps / Hiltrud Wallenborn
(Hg.): Juden
in Europa. Ihre Geschichte in Quellen, Bd.1: Von den Anfängen bis zum
späten Mittelalter, Darmstadt (WBG) 2001, S.124f. [2] Werner Transier: „Heinrich IV. als
Förderer der jüdischen Gemeinden“, Vortrag zur Ausstellung „Heinrich IV.“ im
Historischen Museum der Pfalz Speyer [3] Uni-Münster Institutum Judaicum Delitzschianum,
Forschungsbericht Okt. 1999 zu Flavius Josephus und die jüdische Geschichte (nicht mehr online, 30.1.2011) [4] Michael Toch: Die Juden im mittelalterlichen Reich, Enzyklopädie deutscher
Geschichte Bd. 44, München (Oldenbourg) 2003, S.55 |
Quelle: 2. Buch,
Art. 67 Nun
vernehmet den alten Frieden § 1. Nun vernehmet den alten Frieden, den die
kaiserliche Gewalt, mit Willen der guten Knechte des Landes, im Sachsen-Lande
gestätiget hat. Frieden haben sollen alle Tage
Pfaffen und geistliche Leute, Jungfrauen und Frauen, und Juden an ihrem Gute
und an ihrem Leibe. Kirchen und Kirchhöfe, und jeglich
Dorf binnen seinem Graben und Zaune, Pflüge und Mühlen und des Königs Straße
zu Wasser und zu Felde, die sollen stäten Frieden haben, und Alles, was darhinnen kommt. 3. Buch,
Art. 2 Von
Pfaffen und Juden, die Waffen führen Pfaffen und
Juden, die Waffen führen und nicht nach ihrem Rechte beschoren
sind: thut man ihnen Gewalt; man soll ihnen
bessern, wie einem Layen. Denn die sollen keine
Waffen führen, die in des Königs Frieden inbegriffen sind. 3. Buch,
Art. 7 Der Jude
mag des Christenmannes Gewersmann nicht sein. Und
wenn sie Gut verpfänden. § 1. Der
Jude mag des Christen-Mannes Gewersmann nicht sein;
er wollte denn antworten an des Christen Mannes statt. – § 2. Erschlägt der
Jude den Christen-Mann, oder thut er Ungericht, wobei er ergriffen wird; man richtet über ihn
wie über einen Christen. – § 3. Erschlägt auch der Christ einen Juden, oder thut er Ungemach an ihm, man
richtet über ihn; weil er des Königs Frieden an ihm gebrochen hat. Diesen
Frieden erwarb ein Jude Josephus von dem König Vespasian, als er seinen Sohn
Titus von der Gicht gesund machte. – § 4. Kauft ein Jude, oder nimmt er als
Pfand Kelche, Bücher oder Gewänder, wofür er keinen Gewersmann
hat; findet man es in seiner Gewer; man richtet
über ihn, als über einen Dieb. Was er anderen Dinges unverholen,
bei Tageslichte, und nicht in verschlossenem Hause kauft: mag er er’s selbdritt bezeugen: er behält mit seinem Eide seine
Pfennige voran, die er darum gab, oder darauf lieh, obwohl es gestohlen ist.
Gebricht es ihm an dem Zeugnisse; er verliert seine Pfennige. Im Zentrum
steht der königliche Friede, später durch die Übertragung auf die
Territorialfürsten Landfriede genannt, der zusammen mit dem von der Kirche
ausgehenden Gottesfrieden seit dem 11. Jh. die durch die Ausnutzung des
Fehderechts zunehmende Gewalt eindämmen sollte. Entscheidend war der Mainzer
Reichsfriede Heinrichs IV. von 1103, der von den Landesfürsten beschworen
werden musste und Vorbild für die späteren Landfriedensordnungen wurde, mit
einer entsprechenden Ausdehnung der Gerichtsbarkeit. Im Mainzer
Reichsfrieden stellte Heinrich IV. die Juden explizit unter königlichen
Schutz und reagierte damit wohl auf die Erfahrungen des Kreuzzugspogroms von
1096. Tatsächlich konnte durch das Eingreifen Bernhards von Clairvaux zu
Beginn des 2. Kreuzzugs (1146/7) und durch Friedrich I. beim 3. Kreuzzug
(1188) die Sicherheit der Juden einigermaßen garantiert werden. Man kann
allerdings im diesbezüglichen Passus des Reichsfriedens von 1103 auch einen
Schritt auf dem Weg zur Unterordnung der Juden als kaiserliche
„Kammerknechte“ sehen. Das berühmte Edikt Friedrichs II. von 1236 begründet
die „Kammerknechtschaft“ ja ebenfalls mit dem Schutz der Juden und enthält
tatsächlich auch einschneidende diesbezügliche Bestimmungen [1]. Die
kontroversen Interpretationen des Mainzer Reichsfriedens im Lichte der
späteren Entwicklung reichen vom Lob Heinrichs IV. „als Förderer der
jüdischen Gemeinden“ [2] bis zur absolut gegenteiligen Interpretation des
Königsfriedens für die Juden: „Das geforderte Verbot des Waffenführens
näherte Juden somit notwendig dem Unfreienstatus an
und kam einer Ehrenminderung schwerster Art gleich. Damit waren die Juden auf
dem Weg in einen sozial abgewerteten, unfreien Rechtsstatus.“ [3]. Ich halte
den Vergleich, selbst cum grano salis,
mit Unfreien in diesem Zusammenhang für weit überzogen und er findet auch
keine Bestätigung im Sachsenspiegel, ja nicht einmal im Kammerknechtschaftsedikt
Friedrichs II. Diese Interpretation scheint vielmehr einem verengten Fokus
auf der Verfolgungsgeschichte der Juden geschuldet zu sein. Andererseits
stimmt es aber, dass mit dem kaiserlichen Schutz – der letztlich vom Willen
des jeweiligen Kaisers abhing und von einigen radikal missachtet wurde – auch
Unterordnung und Abhängigkeit einhergingen und sich im Laufe der Zeit
verschärften. Ein drastischer Einschnitt in der Situation der Juden in
allgemeiner rechtlicher Hinsicht kann jedoch erst mit den Pestpogromen Mitte
des 14. Jhs. und den daran anschließenden
Vertreibungen der Überlebenden festgestellt werden, während die
Ghettoisierung erst am Ende des Mittelalters erfolgte (Frankfurter Judengasse
1462) und somit eine Erscheinung der Frühen Neuzeit und nicht des
Mittelalters darstellt (das namensgebende Ghetto in Venedig entstand 1516).
Obwohl also der kaiserliche Schutz in den schwersten Krisen ausblieb und sich
durch Verpfändung oder Verkauf des Judenregals an die Städte und
Landesfürsten parzellierte, stellt Michael Toch
fest: „Bis ins späte 15. Jahrhundert war auch ein hohes Maß an
Rechtssicherheit gegeben, die Juden konnten mit berechtigter Hoffnung auf
Unparteilichkeit ihre wirtschaftlichen Belange vor Gericht vertreten.“ [4].
Auch für die spätere Zeit ist festzustellen, dass trotz der Territorialisierung des Judenregals Beschwerden von Juden
an das Reichskammergericht möglich waren und auch erfolgreich sein konnten.
Doch dies ist schon wieder ein anderes Thema. |
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19.9.2006 W.
Geiger Überarb.
18.10.2008 |
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©2006 W. Geiger Für die
Online-Publikation überarbeitete Fassung meines Vortrages auf dem
Historikertag 2006 in Konstanz im Rahmen der Didaktik-Sektion Deutsch-jüdische
Geschichte im Unterricht, geleitet
von Rolf Ballof. Siehe
dazu auch die Hinweise und Links auf meine Lehrbuchkritik sowie die
Orientierungshilfe des Leo-Baeck-Instituts: >>Übersicht
Jüdische Geschichte Quentin METSYS (Louvain, 1465/1466 – Anvers, 1530) Le Prêteur et sa femme 1514 |
Historikertag 2006
Konstanz „Geschichtsbilder“ Sektion: Deutsch-jüdische Geschichte im Unterricht Sondergeschichte – Beziehungsgeschichte – gemeinsame
Geschichte? Ballof/Geiger/Liepach Beispiele
für eine integrative Perspektive der
deutsch – jüdischen Geschichte Wolfgang
Geiger Deutsch-jüdische
Geschichte im Mittelalter / Der Mythos vom jüdischen Geldverleih Abstract: Deutsch-jüdische
Geschichte im Mittelalter. Ausgehend von einer Kritik klassischer
Darstellungen in Hand- und Schullehrbüchern soll gezeigt werden, wie sich das
Klischee der exklusiven Beziehung der Juden zum Geldverleih perpetuiert, weil
es vom Vorurteil zum Erklärungsmuster für die Verfolgungen wurde. Dies
aufzubrechen gelingt nur durch die Integration der jüdischen in die
allgemeine Geschichte (Geldwirtschaft, Bedeutung des Zinsverbots usw.): eine
Herausforderung für Wissenschaft und Didaktik. Geschichtsbilder
sind häufig auch Trugbilder. Ich möchte mit einem Bild anfangen, das gar
nichts mit meinem Thema der mittelalterlichen Geschichte zu tun hat und
zunächst auch nichts mit der jüdischen Geschichte – genau das ist freilich
das Problem. Eine
bekannte und in vielen Schulbüchern verwendete Karikatur von 1788 – „Woher
kommt das französische Staatsdefizit?“ –
zeigt Ludwig XVI., wie er seinen Minister Necker nach dem Verbleib des
Geldes fragt, während im Hintergrund ein Geistlicher und ein Adliger Säcke
voll Geld wegschleppen. Bei einer Interpretation dieser Bildquelle vor
einigen Jahren in einer 9. Klasse wurde von den Schülern der Geistliche, der
das Geld wegschleppt, schnell erkannt, die andere Person dann jedoch von
einer Schülerin fälschlich als „Jude“ identifiziert. Das war gar nicht
antisemitisch gemeint, im Gegenteil: Sie erkannte hierin vermeintlich ein
antisemitisches Motiv, das sie denunzieren wollte. Quasi auf der Meta-Ebene
ist sie damit aber leider dem Vorurteil als solchem aufgesessen: Musste nicht
jemand, der Geld wegrafft, Jude sein bzw. als solcher gesehen werden? Auch Lehrer
und Schulbuchautoren sind gegen solche Kurzschlüsse im Kopf nicht immun, wie
ein Bild aus einem Schulbuch für die 8. Klasse von 1995 zeigt. Der Verlag
soll hier wie auch bei den folgenden Beispielen ungenannt bleiben, weil es
mir nicht darauf ankommt, einige Verlage vorzuführen und andere dadurch
scheinbar zu entlasten, denn kritikwürdig sind mehr oder weniger eigentlich
alle – jedenfalls alle, die ich kenne. Im Rahmen
des Themas „Juden im Mittelalter“ wird die Abbildung eines Gemäldes des
Malers „Quintus“ mit dem Titel „Ein jüdischer Geldwechsler und seine Frau“
gezeigt. Der Geldwechsler auf diesem
Gemälde aus der flämischen Schule ist jedoch auch kein Jude und der Künstler
heißt übrigens auch nicht Quintus sondern Quentin Metsys
(oder Messys); das Bild hängt im Louvre und wird
„Der Geldverleiher“ (Le prêteur oder auch Le peseur d’or – „der Goldabwäger“) genannt, abgebildet ist ein katholischer
flämischer Kaufmann oder Bankier. Auch hier scheint den Lehrbuchautor die
Idee geleitet zu haben, dass Geldverleiher und Juden identisch waren. Darauf
läuft auch ganz exemplarisch, d.h. beispielhaft für faktisch alle
Schulbücher, wenn auch mit Nüancen, der begleitende
Text hinaus, der die Spezialisierung der Juden auf den Geldverleih und die
damit einhergehende Verschuldung „zahlreicher Bürger einer Stadt“ als Grund
für das dann fast zwangsläufig ausbrechende Pogrom darlegt, mit dem sich die
Bürger von ihren Schulden befreiten. Das uralte
Klischee der Identifikation von Juden und Geld scheint unüberwindbar zu sein.
Grundlage für die Erklärung der Pogrome ist hier wie andernorts auch die
suggestive Idee, dass es quasi ein jüdisches Monopol des Geldverleihs gegeben
habe – so sehr, dass selbst, wie das Bild zeigt, ein christlicher Bankier
fälschlich als Jude identifiziert wird. So wie seinerzeit Bernhard von
Clairvaux im 12. Jh. diesbezüglich den Begriff „judaizare“
gebrauchte und vielleicht sogar damals erfand, dabei aber gleichzeitig auch
deutlich machte, dass Christen ebenso diesem Geschäft nachgingen (siehe
unten). Dieses
Schulbuchbild ist natürlich ein Einzelfall – kein Einzelfall ist jedoch das
dem zugrunde liegende Geschichtsbild. |
Im
Rahmen dieser Didaktik-Sektion des Historikertages war mein Vortrag Teil
eines Konzepts der AG des Geschichtslehrerverbandes
zur deutsch-jüdischen Geschichte, der die drei genannten Referenten
angehören. >>AG
Deutsch-jüdische Geschichte
im Verband der Geschichtslehrer Deutschlands |
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Beschäftigen
wir uns mit einem Schulbuch für die Klasse 11, von 1989, nicht mehr ganz neu,
gewiss, aber keineswegs veraltet, und hier auch exemplarisch verstanden. Unter der
Überschrift: Die Juden – eine ungeliebte Minderheit – fast eine Tautologie,
„alle Minderheiten sind unbeliebt“, sagte mir dazu sehr treffend letztes Jahr
eine israelische Kollegin – wird exemplarisch verdeutlicht, dass die Juden in
eine „Sonderrolle“ gedrängt wurden, weil das „Zinsnehmen unchristlich“ war,
also den Christen verboten, und alle „Geldgeber unbeliebt“ sind. Auch hier
verschuldet sich quasi die ganze Stadt bei den jüdi-schen
„Wucherern“ um dann mordend über sie herzufallen und sich dadurch von den
Schulden zu befreien. Andere Motive werden in diesem wie auch in anderen
Lehrbüchern wohl genannt, doch bleiben diese Motive – religiöser Vorwurf des
Christusmordes, Gräuelmärchen von Kindsentführungen und Ritualmorden... –
zwangläufig sekundär gegenüber dem primären und leicht von jedem
nachvollziehbaren materiellen Motiv. Dies wird um so mehr bestärkt durch die fatale Randüberschrift
„Privilegien, Verfolgung, Vertreibung“, eine Aufzählung, die zwangsläufig
eine kausale Verkettung evoziert, mit einer Fortsetzung, die den Schülern
sehr wohl in den Sinn kommt. „Privilegien“ ist zumal kein wertfreier Begriff,
wenn er nicht im historischen Kontext erklärt wird, und somit wird eine
negativ Qualifizierung – die Bevorteilung vor anderen – als Grund für die
Verfolgungen benannt, für letztere also Verständnis hervorgerufen. Das
Trugbild vom jüdischen Wucherer wird auf diese Weise vom damaligen Vorurteil
der Anklage zum heutigen Vorurteil der Erklärung: Es rechtfertigt nicht mehr
die Gewalttaten – die werden natürlich verurteilt – doch es erklärt sie
scheinbar. |
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Das
Bild gibt es online auf der Seite der British Library |
An späterer
Stelle im selben Lehrbuch wird auf den Frühkapitalismus eingegangen. Hier ist
von „wagemutigen italienischen Handelsherren“, von „risikofreudigen Bankers“
die Rede. Sie leiteten „bedeutende Geldinstitute“ dank „gewinnbringender
Geschäftspraktiken“. Was war dabei anders als bei den Juden? Schon die
Begrifflichkeit offenbart uns die unterschiedliche Wertung: hier „ungeliebte
Geldverleiher“, dort „risikofreudige Bankiers“. Was macht den Unterschied?
Ein ganz aktuelles Lehrbuch für die 8. Klasse erklärt uns, dass den Christen
das Zinsnehmen eben ab 1425 erlaubt worden sei. Doch wie
war es wirklich? Eine Befreiung vom Sog des Klischees kann nur dadurch
geschehen, dass man sich nicht nur die jüdische, sondern viel mehr noch die
christliche Geschichte näher ansieht, besser, indem man beide kontrastiv und
integrativ betrachtet. Das
Lehrbuch für die 11 hätte dazu einen Ansatz liefern können. Als Illustration
zu den „risikofreudigen italienischen Bankers“ gibt es dort die Abbildung
eines interessanten italienischen Gemäldes aus dem 14. Jh. Es zeigt eine
italienische Bank mit einem im Hintergrund eingefügten Zitat aus der Bibel.
Es ist eines der Bibelzitate zum Wucher-verbot, was ursprünglich den Zins als
solchen meinte. Das Gemälde hätte man an dieser Stelle im Sinne des
integrativen historischen Ansatzes tatsächlich einsetzen können, denn es
illustriert das Buch des Genuesers Cocharelli Ende des 14. Jh.s
über die Sieben Sünden. Der Wuchervorwurf galt wohlgemerkt nicht den Juden
sondern den Italienern und der Autor war wie andere vor und andere nach ihm
diesbezüglich ein Rufer in der Wüste. Denn im
Gegensatz zur allgemeinen Vorstellung wurde das katholische Zinsverbot in der
Realität wenig respektiert. Der Fehler im leider weit verbreiteten
klischeehaften Bild vom Mittelalter ist, dass man die kanonische Rechtsetzung
mit der Rechtswirklichkeit identifiziert. Dem war aber nicht so. Zunächst
war das kirchliche Recht kein weltliches Recht. Die Kirche konnte den
Wucherern nur mit Verweigerung eines christlichen Begräbnisses oder der Ex-kommunikation zu Lebzeiten drohen. Einen spektakulären
Fall dieser Art scheint es aber nicht gegeben zu haben. Stattdessen
überbieten sich die wissenschaftlichen Unter-suchungen
hierzu bis hin zu fachlichen Darstellungen für ein breiteres Publikum mit dem
Beweis dessen, dass das Zinsnehmen seit den frühesten erhaltenen Quellen,
also ungefähr dem 12. Jh., in der einen oder anderen Form üblich war. Dazu
gehörten auch Strategien zur Umgehung des Zinsverbots, die sich selbst wieder
zu kredit-wirtschaftlichen Instrumenten
weiterentwickelten. Zu nennen ist hier die in Genua entstandene commenda, das Kommanditprinzip, die Beteiligung eines
Geldgebers als stillem Teilhaber an Gewinn und Verlust eines Unternehmens.
Der dabei erzielte Gewinn galt nicht als Verzinsung des geliehenen Kapitals.
(So wird übrigens heute noch in streng islamischen Ländern verfahren.) Oder
man kaschierte den Zins in dem Vorgang selbst des Geldwechsels, Verleihs oder
Transfers. Die von mir
in der Mini-Dokumentation zusammengestellten Texte beleuchten den
fachwissenschaftlichen Stand zum Thema Zins und Wucher. Es handelt sich dabei
um Erkenntnisse von Untersuchungen, die z.T. schon aus dem 19. Jh. stammen.
Warum sind sie immer noch kein Allgemeinwissen ? |
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Die Absurdität
dieser Situation möchte ich abschließend noch einmal zuspitzend verdeut-lichen am Beispiel des IV. Lateranischen
Konzils von 1215, das allgemein im Hinblick auf Zinsverbot und die
Kennzeichnung von Juden bekannt ist und dementsprechend als Referenz zitiert
wird. Zur selben Zeit, quasi auf dem Höhepunkt des Kampfes gegen den Wucher,
waren in Italien selbst Zinssätze von 20% per annum
üblich, wie Peter Spufford, Professor in Cambridge
und profunder Kenner der Geldgeschichte, dargelegt hat. Die fachwissenschaftliche
Erkenntnis bleibt offenbar Erkenntnis der Experten, während allgemeine
Darstellungen und insbesondere Lehrbücher weiterhin das Gegenteil repro-duzieren, nämlich die alten Klischees, die alten
Vorurteile – in erklärender Absicht, gewiss. Trotzdem falsch, trotzdem fatal. Ich gehe
daher soweit zu behaupten, dass in diesem Geschichtsbild von Zins, Wucher,
Christen und Juden im Mittelalter das kanonische Zinsverbot ein Mythos ist,
insofern dabei suggeriert wird, das Verbot sei auch Realität gewesen, und
wenn darauf die Erklärung des Konfliktverhältnisses zwischen Christen und
Juden basiert. Ein Mythos im Sinne der Dialektik der Aufklärung von Adorno
und Horkheimer: Mythos als „falsche Klarheit“. Dessen muss
sich eine wissenschaftliche und didaktische Aufarbeitung der gemeinsamen
christlich-jüdischen Vergangenheit bewusst werden. Zur
Geschichte von Geldwechsel, Kredit und Zins im Mittelalter siehe auch auf Historia Universalis. |
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Siehe ausführlicher auf >> AG Deutsch-jüdische Geschichte |
Texte,
Literatur, Links zum Thema Juden, Christen und das Problem des Geldverleihs
im Mittelalter Eine
prägnante Zusammenfassung zur Zinsproblematik liefert der Online-Aufsatz von
Roberto Naranajo auf eHistory
at The Ohio State University. Eine
hervorragende zusammenfassende und dennoch außerordentlich präzise
Darstellung der Thematik gibt Johannes Fried in seiner „Einleitung“ zum Buch
von Jacques Le Goff, das er dabei nicht nur ergänzt, sondern in manchem auch
korrigiert: Jacques Le
Goff: Wucherzins und Höllenqualen. Ökonomie und Religion im Mittelalter. Mit
einer Einführung von Johannes Fried, „Zins als Wucher“, S.134-174, Stuttgart
(Klett-Cotta) 22008. -------------------- Über
Bernhard von Clairvaux: „Jetzt [=
beim 2. Kreuzzug] waren auch die Christen mehr als beim ersten Kreuzzug
vorbereitet, einen wirksameren Judenschutz zu erreichen. Der Mönch Radulf, ein Zisterzienser, der als Pogromprediger durch
die Lande zog, wurde von Bernhard von Clairvaux abberufen, der sich
seinerseits erfolgreich für die Juden einsetzte. Die Berichte der hebräischen
Chroniken stellen ihm das beste Zeugnis aus und feiern ihn als Retter.
Bernhard nahm auch zum Vorwurf des jüdischen Geldwuchers Stellung und
bezeichnete in einem an die Geistlichkeit und das Volk in Ostfranken und
Bayern gerichteten Schreiben die christlichen Geldverleiher als noch ärger.
Doch gebrauchte er für Geldverleih auf Zinsen den Terminus „judaizare“, also einen eindeutig pejorativen Begriff.“ Kurt
Schubert, Jüdische Geschichte, München: Beck, 1995ff., S.47. Über die
Realität des Zinses zu Zeiten des IV. Lateranischen
Konzils 1215: „Um 1200
gewährten Bankiers in Genua Geschäftskredite zu einem Jahreszinssatz von 20
Prozent, 1211 in Florenz zu 22 Prozent, und in Venedig verlieh Pietro Ziani, der Doge von 1205 bis 1229, Geld zu 20 Prozent,
genau wie sein Vater vor ihm. Geldmittel, die sich in den Händen der frommen
Stiftungen angesammelt hatten und an die in der Levante Handel Treibenden
verliehen wurden, hätten im Venedig des 12. Jhs.
ebenso 20 Prozent Zinsen erzielt.“ Peter Spufford: Handel, Macht und Reichtum. Kaufleute im
Mittelalter, Darmstadt 2004, S.34 „Das
kirchliche Wucherverbot basierte - zugespitzt formuliert - auf der Ansicht, daß Geld als eine unfruchtbare Sache nicht selbst Geld
hervorbringen könne oder dürfe. Die kirchlichen Autoritäten verfuhren dabei
so wie heutzutage beim Verbot aller von ihnen als nicht- oder widernatürlich
deklarierten Praktiken der Empfängnisverhütung. Das Verbot wurde
ausgesprochen und immer wieder bekräftigt, obwohl jedermann wußte, daß jedermann, der dazu
in der Lage war, es übertrat.“ Auszug aus
einer hervorragenden Darstellung aufgrund einer konkreten Untersuchung der
Finanzpraktiken auf den mittelalterlichen Messen in: Heinz
Thomas, „Die Champagnemessen“, in: Rainer Koch (Hg.), Brücke zwischen den Völkern – Zur Geschichte der
Frankfurter Messe, Bd. 1: Frankfurt im Messenetz Europas – Erträge der
Forschung, hrsg. von Hans Pohl, Frankfurt a.M. 1991, 25-27. Zur
Geschichte von Geldwechsel, Kredit und Zins im Mittelalter bei christlichen
und jüdischen Bankiers siehe auch auf Historia Universalis und auf der Seite der AG Deutsch-jüdische
Geschichte des Geschichtslehrerverbandes (dort auf mehreren Seiten). |
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* Siehe: |
Weitere
bibliographische Hinweise: Franz Xaver
Funk: Zur Geschichte des Wucherstreites, Tübingen (H. Laupp), 1901. R. Hoeniger: „Zur Geschichte der Juden Deutschlands im frühern Mittelalter“, in: Zeitschrift für die Geschichte
der Juden in Deutschland, 1. Jg., 1887, Heft 1, 65-97.* Georg Caro: Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Juden im
Mittelalter und in der Neuzeit, 2 Bde,
Frankfurt a.M. 1908, 21924, Reprint Hildesheim (Olms),
1964. Moses
Hoffmann: Der Geldhandel der deutschen Juden während des Mittelalters bis
zum Jahre 1350. Ein Beitrag zur deutschen Wirtschaftsgeschichte im Mittlelalter, Leipzig (Duncker & Humblot), 1910.
(Staats- und sozialwissenschaftl. Forschungen, hrsgg. v. G. Schmoller u. M. Sering, H. 152). Reprint Schmidt Periodicals,
Bad Feilnbach, 1990. Js. E. Zlocisti: „Der Geldhandel der Christen in Deutschland
während des Mittelalter (bis ca. 1350)“, in: Ost und West 1/1913,
46-49 und 2/1913, 146-150.* Hans-Jörg Gilomen: „Wucher und Wirtschaft im Mittelalter“, in: HZ
250, H.2, April 1990, 265-301. Robert-Henri
Bautier / Robert Auty /
Norbert Angermann (Hg.): Lexikon des
Mittelalters, München (Artemis & Winkler / LexMA-Verlag),
1991ff., cf. „Lombarden“, „Zins“, „Wucher“ u.a. Arye Maimon
/ Mordechai Breuer / Yacov Guggenheim (Hg.): Germania Judaica,
Bd. III.3, Tübingen (Mohr), 2003, dort: “Die wirtschaftliche Tätigkeit”,
2139-2164. Michael Toch: „Geldverleiher und sonst nichts? Zur
wirtschaftlichen Tätigkeit der Juden im deutschen Sprachraum des Mittelalters“,
in: Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte
XXII/1993, 117-126. Johannes
Heil / Bernd Wacker (Hg.): Shylock? Zinsverbot
und Geldverleih in jüdischer und christlicher Tradition, München (Fink),
1993. Überarbeitet
24.04.2009 W. Geiger Ergänzung: Friedhelm
Burgund / Alfred Haferkamp / Franz Irsigler /
Winfried Reichert (Hg.): Hochfinanz im Westen
des Reiches 1150-1500. Trierer Historische forschungen
Bd. 31, Treier (THF), 1996. [– Untersuchungen zu christlichen und jüdischen
Bankiers] Joseph Shatzmiller: Shylock geht in Revision. Juden,
Geldleihe und Gesellschaft im Mittelalter, Trier (Kliomedia)
2007. Gregor
Maier: Wirtschaftliche Tätigkeitsfelder von Juden im Reichsgebiet (ca.
1273 bis 1350). Arye Maimon
Institut für Geschichte der Juden Studien und Texte Bd.1, Trier (Kliomedia) 2010. Ergänzt
am 5.2.2011. |
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___________________ Siehe auch
die einschlägigen Seiten zum Mittelalter auf juedischegeschichte.de
sowie auf Historia Universalis |
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